Unwillkürlicher Urinabgang – ein Problem (nicht nur) der älteren Frauen

Ungewollter Urinabgang kann unterschiedliche Erscheinungsformen haben:

  • relativ häufiger Harndrang, dem man unverzüglich nachgeben muss, um rechtzeitig die Toilette zu erreichen. Die Urinmengen sind dabei eher gering. Hier handelt es sich eher um eine Übererregbarkeit des Blasenmuskels. Man nennt diese Erkrankung „Drang-Inkontinenz“. Die Behandlung besteht in medikamentösen Massnahmen und wird häufig vom Urologen durchgeführt.
  • Urinverlust beim Niessen, Husten, Lachen oder schweren Heben sowie bei Gymnastik und Hüpfen. Die Ursache liegt hier in einer Senkung von Blase und Gebärmutter, die durch Bindegewebsschwäche entsteht. Diese Form nennt man „Stress-Inkontinenz“. Sie wird vom Frauenarzt – oder noch besser nach kurzer Anleitung – von der Patientin selbst behandelt.

Diese Form der Inkontinenz soll nun genauer betrachtet werden.

Die Ursachen dieser Störung liegen in der anatomischen Ausnahmesituation des Menschen, der sich in den Kopf gesetzt hat, aufrecht zu gehen. Dabei kommt es bei der Frau zum Interessenkonflikt: einerseits soll das Gewebe im Becken dem Druck der Inneren Organe und der Gebärmutter und Blase nach unten entgegenwirken und eine Senkung verhindern, andererseits soll es locker genug sein, bei der Entbindung Platz zum Durchtritt des kindlichen Kopfes durch das Becken zu lassen.

Also tritt die „Stress-Inkontinenz“ gehäuft bei Frauen mit lockerem Bindegewebe auf – sei es nun durch Entbindung verursacht oder durch Veranlagung.

Was tun ?

Das Bindegewebe selbst kann nicht verändert werden, doch die Muskelschichten unterhalb der Blase und der Blasenverschlussmuskel können trainiert werden wie andere Muskeln im Körper auch! Hier liegt der Schlüssel für die beste und wirkungsvollste Therapie, die jedoch rechtzeitig einsetzen muss. Man kann frischgebackenen Müttern die Notwendigkeit einer konsequenten Beckenbodengymnastik – am besten nach Anleitung durch Hebamme und Krankengymnastin – gar nicht eindringlich genug ans Herz legen ! Regelmässige (!) Übungen bauen die Muskulatur, die durch die Entbindung gedehnt und locker wird, gut wieder auf und helfen spätere Probleme mit Senkung und Urinverlust zu vermeiden. Am besten sollte nach der Entbindung noch ca. 6 Monate geübt werden.

Je früher die Gymnastik einsetzt, desto grösser der Erfolg. Aber auch Damen jenseits der Wechseljahre profitieren bei lockeren Gewebe mit entsprechenden Beschwerden von der regelmässigen Gymnastik. (Zur Regelmässigkeit verhelfen „Eselsbrücken“, zum Beispiel Gymnastik jedesmal bei Fernsehnachrichten oder an jeder roten Verkehrsampel!). Zum Zusammenziehen der Po-Muskulatur und „Hochziehen“ der Blase ist überall Gelegenheit.

Sollten die Beschwerden schon zu fortgeschritten sein oder auf gymnastische Übungen nicht ansprechen, wurde früher häufig ein Kunststoff- oder Porzellanring in die Scheide eingelegt, der die Senkung verhindern half. Nachteil ist die häufige Bildung von störendem Ausfluss, von Scheidenentzündungen oder Druckstellen in der Scheide. Ausserdem muss ein solcher Ring regelmässig ca. alle 10 Wochen bei Arzt entfernt, kontrolliert und wieder eingesetzt werden. Ein Umstand , der die Therapie für die Patientin sehr mühsam macht. Deswegen wird diese Methode heute eher in Ausnahmefällen (alte und nicht mehr OP-fähige Frauen) angewandt.

Womit die letzte und eingreifendste Therapie erreicht ist: die Operation.
Hierbei kann nach Entfernung der Gebärmutter die Blase vom Bauchschnitt aus oder auch von der Scheide her wieder operativ angehoben („hochgenäht“) werden. Die Gebärmutter wird dabei mitentfernt, weil ihr Druck sonst das Ergebnis der Operation bald wieder zunichte machen würde. Hier liegt auch der Schwachpunkt der operativen Behandlung. Wenn die körperlichen Belastungen mit Heben, Tragen, chronischem Husten o.ä. weiter gehen, dann stellt sich der Zustand der Senkung früher oder später wieder ein !

Die beste Lösung wäre also die Vermeidung einer Senkung durch frühzeitige gymnastische Eigeninitiative bei Frauen, die durch häufige Entbindungen, kräftige Kinder oder einfach durch ererbte Bindegewebsschwäche gefährdet sind. Sollten Sie Probleme mit Urinverlust oder Senkung haben, so sprechen Sie darüber ! Am besten mit Ihrem Frauenarzt.

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